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Das Gute ist immer nah

Das tolle daran grenznah zu wohnen, ist die Möglichkeit ‘mal eben’ in ein anderes Land zu fahren. Ich liebe das. Früher war Dänemark das andere Land. Nun sind es die Niederlande. Innerhalb einer Stunde kann ich die Grenze überqueren. Und sobald das geschieht, verändert sich alles. Der Straßenlauf verändert sich, die Schilder sehen gleich und doch ganz anders aus, Häuser und deren Anordnung sind fremd, es wird eine andere Sprache gesprochen, an der Tankstelle stehe ich staunend vor der Getränkeauslage und kann mich kaum entscheiden, es liegt Abenteuer in der Luft und ich nehme alles viel intensiver wahr. An diesen Tagen wünsche ich mir die alten Währungen zurück. Ich weiß, ich weiß, der Euro ist toll und voll praktisch, aber ich mochte fremdländisches Geld schon als Kind. Ich mochte das Umrechnen bei jedem Teil, das Staunen über den so niedrigen oder so hohen Preis, das Befühlen der anderen Münzen, die bunten Scheine. Ich genieße einen Aufenthalt in den Niederlanden aber auch ohne Gulden. Staune stattdessen über ein komplett schwarzes Haus und frage mich: Wieso gibt es hier keine schwarzen Häuser?

Ich mag die Architektur der Niederländer. Die Kombination von alt und neu. Die unkomplizierte Schlichtheit. Den Mut.

Ausländische Supermärkte sind meine heimliche Leidenschaft. Ich liebe es, fremde Lebensmittel zu kaufen. Geht euch das auch so? In den Niederlanden gibt es zum Beispiel sehr günstige, extrem leckere, frische Säfte. In Glasflaschen. Mit einem schlichten Etikett. Mein Grafikerherz hüpft und springt, wenn es tolle Verpackungen sieht. Und mein Gaumen freut sich mit. Manchmal träume ich von einem Weltsupermarkt. Er ist nicht weit von meinem Haus, nie zu voll und wird von den freundlichsten Menschen geführt. Dort gibt es die niederländischen Säfte, dänische Leberpastete und Makrelensalat, diesen einen Kaffee aus Uruguay (ich werde nie aufhören, an diesen Kaffee zu denken), mit dunkler Schokolade umhülltes Erdbeerlakritz aus Neuseeland (ja ich weiß, das klingt sehr eklig, aber nach dem ersten Stückchen, kann sich keiner mehr wehren.), Backwaren aus Tonga, Orangenlimo mit Lakritzstrohhalm, spanische Chorizo. Natürlich gibt es noch viel mehr Waren im Angebot, aber meistens ist der Traum vorbei, bevor ich daran denken kann. Wenn das kein Grund ist, die Welt weiter zu bereisen …

 

Meine Welt besteht aus Atomen

Das vergangene Wochenende verbrachte ich in Brüssel. Hauptsächlich geschäftlich, denn ich war anlässlich einer Hoteleröffnung zu einem Designmarkt eingeladen und durfte ein ganzes Zimmer in ein knallbraunes Wunderland verwandeln. Ein multilinguales Wunderland. Bonjour, goedendag, hello. In Brüssel weiß man nie, was einen erwartet. Nicht nur sprachlich, sondern insbesondere auch verkehrstechnisch. Die Stadt ist ein einziges Chaos. Aaaah! Nichtsdestotrotz stürzten wir uns mitten hinein. Aber was tun in Brüssel? Ja… Was tun in Brüssel?

Schokolade, Waffeln und Pommes fallen mir beim Stichwort Belgien als erstes ein. Kulinarisch steht der Plan also ziemlich schnell. Aufgrund nicht auffindbarer Informationen zu besonderen Stadtteilen und alternativer Freizeitgestaltung entscheiden wir uns für die drei Brüsselklassiker. Grand Place, Manneken Pis und Atomium. Wahrzeichen sind ja meistens nicht ganz ohne Grund zu Wahrzeichen geworden.

Der Grand Place ist ein tatsächlich ziemlich großer Platz / Markt mit unglaublich schönen, reich mit Gold verzierten, barocken Häusern auf drei Seiten und dem gotischen Rathaus auf der vierten. Um den Platz herum liegt die Altstadt. Die engen Gassen sind, trotz der echt hübschen alten Häuschen mit tausend französischen Balkonen irgendwie schmuddelig, die vielen Restaurants und Cafés wenig einladend, die Geschäfte überteuert. Schade.

Nach einem Spaziergang durch die Gassen der Altstadt machen wir uns auf den Weg zum Manneken Pis. Er ist nur ca. 100 Meter vom Grand Place entfernt. Ganz unscheinbar in der Ecke einer Kreuzung steht er. Im Hinterkopf habe ich Aussagen, er sei viel kleiner als man denkt, rechne aber doch irgendwie mit einer Brunnenfigur in Kleinkindgröße. Stattdessen erreicht er gerade einmal Säuglingsgröße. Witzig. Es tummeln sich etwa 100 Menschen mit uns auf dieser Kreuzung, machen Fotos von sich und dem Männchen und bezahlen für die Schokolade in den direkt angrenzenden Schokogeschäften viel zu viel.

Viel besser als das Manneken Pis hat mir die Street Art Version schräg über dem Brunnen gefallen. Alien Pis.

Wir schlendern noch ein wenig durch die Gassen, entdecken ein paar vielversprechende Läden, die von innen doch nicht viel hergeben und finden schließlich ein schönes Café. Von dort machen wir uns auf den Weg zum Atomium. “The best map ever made by human beings”, so der nette Herr in der Tourist-Info, spart ein wenig mit Infos (immerhin kostet sie nur 50 Cent) und so fahren wir einfach der Nase nach Richtung Norden. Wir werden es schon finden, denken wir. Und so ist es auch. Ein planloser Weg Richtung Norden, mit einer sehr chaotischen Straßenführung, führt uns wie durch ein Wunder direkt zum Atomium. Im Hinterkopf habe ich Aussagen, es sei viel größer als man denkt, rechne aber doch irgendwie mit einem kleineren Bauwerk. Wow!

Wir bezahlen artig 11 Euro Eintritt und starten die Begehung mit einer Aufzugfahrt durch die mittlere Röhre bis zur obersten Kugel auf 92 Meter Höhe. Die Panoramaebene. Öhm. Also Panorama im Sinne von Rundumblick wird erfüllt. Besonders hübsch ist der Anblick von da oben allerdings nicht. Das Atomium liegt am nördlichen Stadtrand Brüssels und der Ausblick auf die Stadt ist irgendwie nicht so richtig spektakulär. Das Gebäude aber dafür umso mehr. Von der obersten Kugel fährt man mit dem selben Aufzug wieder in die unterste Kugel und kann von dort einen Rundgang durch eine Ausstellung in 4 der Kugeln machen. Toll toll toll!

Die Geschichte des Atomiums wird dort erklärt und bebildert. Die ersten Entwürfe sind zu sehen. Und Zeichnungen vom fertig geplanten Atomium. Total die 50er. So schön!

Was mich allerdings wirklich beeindruckt, ist der Gang durch die Röhren und Kugeln. Ein Gebäude dieser Art begeht man nicht alle Tage. Das ist ziemlich besonders. Und solche Treppen gibt es übrigens auch viel zu selten. Die Farbkombi und dieses total atomiummäßige Geländer! Hach.

Das Atomium ist total spacig und trotzdem irgendwie abgewrackt. Das meine ich nicht negativ. Die Mischung ist genial. Einerseits hat es diese irre Form, von außen silbrig verspiegelt und andererseits hat man innen die rohe Optik mit vielen sichtbaren Kabeln, Rohren, Schächten, Schrauben usw. Die einzigen Fenster sind kleine runde Gucklöcher, durch die man immer wieder die anderen Kugeln sehen kann. Eine Röhre leuchtet beim hinabfahren mit einer Rolltreppe rot und blau. Wenn Marijke Amado damals von der Zauberkugel sprach, hatte sie garantiert diese Rolltreppe im Atomium vor Augen. Ich liebe das Atomium!

Sehr geschwächt vom vielen treppauf-treppab musste noch eine Portion Pommes her. Im Atomium gab es keine, also beschlossen wir noch einmal einfach unserer Nase zu folgen. Und wir hatten Glück. Für 2,50 bekamen wir eine gigantisch große Tüte fettige, aber oberst leckere, Pommes. Und zwar aus einem Imbiss namens “FRITOMIUM”. Das waren die besten Pommes meines Lebens. Mag sein, dass meine Meinung über diese Pommes von der sehr akuten Atomiumliebe geprägt wurde, aber das ist mir egal!

Brüssel hat mich ehrlich gesagt etwas enttäuscht. Die Stadt ist dreckig, chaotisch, laut und an den meisten Ecken auch nicht besonders schön. Das Atomium reißt aber alles wieder raus. Hat jemand ähnliche Erfahrungen mit Brüssel? Oder gänzlich andere? Gibt es Geheimtipps?