Haare sind etwas ganz merkwürdiges. Sie gehören zum Menschen, dienen als Schutz, sind ein Schönheitsideal, können Ekel und Entzückung auslösen. Haare im Essen kann keiner leiden. Haare am Rücken wohl auch eher wenige. Viele Haare gelten auf dem Kopf als erstrebenswert. Viele Haare an anderen Körperstellen als störend. Während täglich kiloweise Haare entfernt werden, kämpfen gleichzeitig Millionen darum ihre noch wenigen Haare zu erhalten. Mit verschiedenen Haarfarben assoziieren wir verschiedene Eigenschaften. Deshalb färben sich besonders Frauen schon seit der Antike die Haare. Die Frisur spiegelt ein Stück Persönlichkeit wider. Nach einschneidenden Lebensereignissen ändern viele auch ihre Frisur maßgeblich. Früher war es eine entwürdigende Strafe, Frauen die Haare abzuschneiden. In einigen Kulturen ist es auch heute normal, der Braut noch am Hochzeitstag die langen Haare zu nehmen.
Ich erinnere mich noch genau an eine Situation aus meiner Kindheit. Ich stand an einer kleinen Kreuzung und wartete auf eine Freundin, als eine alte Dame zielstrebig auf mich zulief und begann meine Haare anzufassen. Ich fand das sehr befremdlich, war aber noch zu sehr Kind, um ihr das zu sagen. Sie hörte nicht auf meine langen Haare zu streicheln und mir eindringlich zu vermitteln, dass ich mir auf gar keinen Fall je die Haare abschneiden lassen sollte. Ihre Augen waren feucht und sie konnte sich kaum trennen. So etwas können Haare.
Logisch, dass auch in der Kunst das Haar immer wieder behandelt wurde. Nur hat sich bisher scheinbar nie jemand Gedanken darum gemacht, dies als Thema für eine Ausstellung zu verwenden. Die Ausstellung “Hair! Das Haar in der Kunst” in der Ludwiggalerie im Schloss Oberhausen ändert diesen Umstand. Ich habe die Ausstellung schon vor einigen Wochen besucht, allerdings einen Bericht darüber gescheut, weil meine Fotos aufgrund einer verheerenden Kombination von schlechtem Licht und verkratztem Objektiv leider unbrauchbar sind. Da die Ausstellung aber nur noch bis zum 12. Januar läuft und ich sie doch absolut empfehlen kann, denke ich mir: Fotos von Kunst ersetzen die Kunst sowieso nicht. Also hin da!